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AlexanderM

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Beitrag 114890 [Alter Beitrag04. März 2007 um 14:44]

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Hallo,
ein Problem sehe ich darin, daß die Rakete in der Luft, wenn ein Teil des Drehmoments auf sie übertragen wird, anfängt, eine Präzessionsbewegung auszuführen. Das destabilisiert dann ihren Flug sehr.
Wie wäre es daher wenn man statt eines schweren Kreisels in der Mitte zwei baugleiche nimmt, einen in der Spitze und den anderen im Heck (genauer gesagt: Beide gleich weit vom Schwerpunkt entfernt)? Wenn man nun beide gleich schnell, aber entgegengesetzt, drehen lässt und die Reibung (da baugleich) auch vergleichbar ist, dann sollte die Rakete selber durch das Abbremsen der Kreisel nicht in Drehung versetzt werden, wohl aber ihre Lage stabilisiert werden.
Da zudem die beiden Kreisel (fast) an den beiden Endpositionen des Hebels sitzen, müßten sie auch nicht so groß und schwer sein (Hebelgesetz).
Der Nachteil ist natürlich der doppelte Aufwand, das ist klar.
Zitat:
Den Antrieb erhält der Keisel von Hand, indem man eine Schnur um die Achse wickelt und daran zieht.


Das halte ich auch für die einfachste Lösung, vorausgesetzt, man bekommt sie damit schnell genug. Ansonsten ist ein kleiner Modellbau-E-Motor mit externem Akku wohl die beste Lösung.


Gruß,
Alexander
osmadie

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osmadie

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Beitrag 114895 [Alter Beitrag04. März 2007 um 15:24]

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Hallo,
Das mit den zwei entgegengesetzt drehenden Kreiseln funktioniert nicht, da beide Kreisel ihre Wirkung kompensieren. Der stabilisierend wirkende Drehimpuls von Kreisel 1 wird durch den genau entgegengesetzten Drehimpuls des zweiten Kreisels aufgehoben. Resultat: Null Drehimpuls => Null Stabilisierung

Die Idee mit dem Anblasen über Druckluft könnte bei einem 1kg-Kreisel zwar etwas schwierig sein aber nur mal als Anhaltspunkt: Wenn man nicht gerade eine sehr schlechte Druckluft-Pistole hat, dann kommt die Luft an der Düse mit Schallgeschwindigkeit raus. Wenn da ausreichend Druck (mit 8bar und ca. 20°C Tank-Luft-Temperatur ist man da auf der sicheren Seite) im Tank ist, bekommt man an der Pistole eine Ausströmgeschwindigkeit von ca. 420m/s (das ist die Schallgeschwindigkeit für den Zustand, in dem sich das Gas beim Verlassen der Pistolen-Düse befindet).

Die Sache mit dem auf die Raketenzelle übertragenen Drehimpuls ist tatsächlich etwas unschön, aber für einen ersten Versuch würde ich das ignorieren. Hier gilt: je reibungsärmer und je kleiner der Lagerdurchmesser ist, desto geringer wird der auf die Zelle übertragene Drehimpuls sein. Evtl. könnte man bei späteren Optimierungen versuchen, mit kleinen, leicht angestellten Flossen den Reibungsimpuls etwas zu kompensieren. Die dabei erzeugte Gegenkraft ist natürlich geschwindigkeitsabhängig. Aber dass sollte ein anderes Thema sein.

Noch was zum Thema Präzession: Wenn die Schubkraft-Linie nicht genau durch den Raketen-Schwerpunkt geht, gibt es ein durch den Motor erzeugtes Drehmoment. Dieses Moment führt zu einer Präzessions-Bewegung der gesamten Rakete. Das sieht dann so aus, dass sich die Rakete auf einer mehr oder weniger stark ausgeprägten Korkenzieher-Bahn in die Luft heben wird. Aber immerhin: Die Richtung der Bewegung nach oben wird stabil sein.

Der Effekt eines Seitenwindes wird auch eine Präzessionsbewegung verursachen: Da die Windkraft aber immer aus der gleichen Richtung kommt (das nehme ich jetzt mal so an...) ergibt das (bei einer stabil oder überstabil gebauten Rakete) eine Präzessions-Bewegung, die dem "in den Wind fliegen" bei einfachen Raketen entspricht - nur fliegt die Rakete jetzt nicht in den Wind, sondern im Rechten Winkel dazu zur Seite. Dieses Problem umgeht man dadurch, dass man die Kreisel-Rakete mit einer möglichst neutralen aerodynamischen Stabilität konstruiert (also sehr kleines Kaliber, z.B. < 1).
Tja ja,... die Kreisel und ihre Wirkung....

Gruß,
Oliver

Geändert von osmadie am 04. März 2007 um 17:08


Der erste Schluck aus dem Becher der Wissenschaft führt zum Atheismus, aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott.
Werner Heisenberg
Andreas H.

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Beitrag 114935 [Alter Beitrag04. März 2007 um 21:31]

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Hi,
ich lese mit Interesse in diesem Thread mit und habe sofort mit einem Praxistest begonnen.
Da ich nichts wegwerfen kann, was einigermaßen für eine raketentechnische Anwendung taugt, habe ich ein fantastisches Gyroskop aus einem Videokopf zur Verfügung. Den Antrieb für experimentelle Zwecke habe ich einfach mit dem Dremel über ein Reibrad aus einem Schleifdorn mit O-Ring gebastelt, welchen ich an den Rotor halte und das Teil in relativ hohe Drehzahl versetze. Das Gyroskop am Stator an 3 Punkten an Seilen aufgehängt, welche dann zusammengeknotet sind, sollte Aufschluss über eventuelle Drehimpuls-Übertragung geben. Das Gyroskop müsste sich dann am Seil komplett anfangen zu drehen, wenn ein solcher Impuls wirksam würde.
Mein einfacher Versuch hat eine nur minimale Neigung zur Rotation des Gesamtsystems gezeigt. Das Ganze ist aber sicherlich von einigen Faktoren abhängig, wie z.B. der wirksamen Reibung in den Lagern, der Qualität des Auswuchtens e.t.c.
Die Stabilisierungswirkung auf die Drehachse ist sehr gut spürbar, wenn man das Teil in der Hand hält.
Bei Gelegenheit baue ich das mal in eine Rakete ein.

Hier mal 2 Bilder:





Gruß Andreas
Reinhard

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Beitrag 114939 [Alter Beitrag04. März 2007 um 22:31]

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Hi,

eine Kleinigkeit sollte man neben der Präzession noch im Auge behalten. Wenn die Rakete im Flug durch irgendeine Störung abgelenkt wird, wird sie der Kreisel, im Gegensatz zu anderen Formen der Stabilisierung, nicht mehr wieder auf Kurs bringen. Der Kreisel wird nur versuchen die Rakete auf dem neuen Kurs zu halten. Deshalb muss der Kreisel gut genug stabilisieren dass auch keine kurzzeitigen Veränderungen der Flugbahn auftreten können.

Gruß
Reinhard
Dino

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Dino

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Beitrag 114941 , Stabilisierung [Alter Beitrag04. März 2007 um 23:23]

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Hi Reinhard,

welche anderen Formen der Stabilisierung meinst Du? Die vorgeschlagene Kreiselkonfiguration soll in einer "langsamen" Startphase für Stabilität sorgen, also die Flossen ersetzen, die da noch nicht wirken.
Die aerodynamische Stabilisierung mit Flossen bringt eine abgelenkte Rakete auch nicht wieder auf Kurs, denke ich, oder meinst Du eine aktive Steuerung?

Gruß

Dino

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Beitrag 114946 , Korrektur [Alter Beitrag05. März 2007 um 07:34]

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Nein, es ist wahr: wenn die Rakete durch etwas Anderes als Seitenwind eine Richtungsvekor abweichend vom Bewegungsvektor bekommt, dann richten die Flossen sie wieder in die Strömung, was ein Kreisel nicht tut.
Aber, im Gegensatz zu Flossen, wirkt die Gegenkraft der Kreiselstabilisierung bereits im gleichen Moment wie das störende Drehmoment, und nicht erst, wenn daraus bereits eine Bewegung geworden ist, und die Stabilisierungswirkung ist unabhängig von der Luftströmung (Flossen richten eine Rakete immer in den resultierenden Strömungsvektor aus Fluggeschwindigkeit und Windgeschwindigkeit aus). Starker Seitenwind beim Start dürfte bei einer 0-Kaliber ausgewogenen Rakete mit Kreisel dann nur einen seitlichen Versatz aber kein Kippen bewirken.

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Andreas H.

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Beitrag 114947 [Alter Beitrag05. März 2007 um 07:47]

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Eine solche Rakete ist auf jeden Fall als hochgradig experimentell zu betrachten! Für eine eventuelle Abweichung von der geplanten Flugbahn ist unbedingt eine Vorkehrung zu treffen. Der D-Mag und/oder eine funkferngesteuerte Auslösung des Bergungssystems wäre dafür brauchbar.

Gruß Andreas
Dino

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Dino

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Beitrag 114954 , Experimental [Alter Beitrag05. März 2007 um 09:19]

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Hallo Andreas,

plädierst Du dafür, dieses Thema unter der Forums-Rubrik "Experimentalraketen" weiter zu behandeln? Macht sicher Sinn, wenn es zu einem konkreten Projekt kommen sollte, was ich hoffesmile

Gruß

Dino

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Beitrag 114956 [Alter Beitrag05. März 2007 um 09:43]

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Hallo,
Eine Information zu meinem letzten Beitrag möchte ich noch gerne etwas korrigieren. Die Sache mit der Korkenzieher-Bahn bei einer außermittigen Schubkraftlinie tritt nur auf, wenn sich die Raketenzelle im Flug um ihre Achse dreht. Falls die Zelle ihre Ausrichtung beibehält, fliegt die Rakete in einem Bogen, der quer zur wirkenden Drehkraft liegt.

Aber das nur zur Info. Ich bin mir sicher, dass eine "normal gut" gebaute Modellrakete ausreichend genau ist, dass diese Effekte vernachlässigbar sind.

Ich finde die Idee mit der Kreiselstabilisierung auch sehr interessant, habe mir dazu auch schon vor längerem Gedanken gemacht aber wegen anderer Themen dann doch nicht mehr weiter verfolgt. Ich hoffe sehr, das Projekt kommt zu einem flugfähigen Modell. Bin wirklich sehr gespannt...

Gruß,
Oliver

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Andreas H.

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Beitrag 114962 [Alter Beitrag05. März 2007 um 12:29]

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Zitat:
Original geschrieben von Dino

Hallo Andreas,

plädierst Du dafür, dieses Thema unter der Forums-Rubrik "Experimentalraketen" weiter zu behandeln? Macht sicher Sinn, wenn es zu einem konkreten Projekt kommen sollte, was ich hoffesmile

Gruß

Dino




Wenn es daran geht, eine Experimentalrakete mit dem Gyro zu bauen, wäre es sicher angebracht, einen Thread im dafür vorgesehenen Bereich aufzumachen.

Gruß Andreas
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