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Christian S.

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Christian S.

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Beitrag 61835 [Alter Beitrag27. November 2004 um 00:03]

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Zitat:
Original geschrieben von Peter Quartier
Irgendwer hat einmal gesagt, daß fanatisch vorgetragene Ansichten nur ein Zeichen dafür seien, daß man die inneren Zweifel an der eigenen Position damit übertönen möchte. Nun will ich nicht auf dem Wort fanatisch bestehen, aber eine gehörige Portion Emotionalität bringst Du da schon ein. Wobei ich nicht glaube, daß rüde Wortwahl das Kennzeichen überlegener Argumente ist.



Danke! Ich zitiere Herrn Peter Quartier zur Eröffnung dieses Threads:

Zitat:
Hört sich nach Guido Knopp an. Ja, Hitler sells! Die tendenziösen Kommentare kann ich mir schon ausmalen. Wir sind schon so mit dem braunen Zeug gebonsait worden, da könnte ich das Drehbuch aus dem Ärmel schütteln.

Wernher von Braun und den Beginn der Raumfahrt würde kein Schwein beachten, geschweige denn im Abendprogramm eines führenden Senders darüber berichten, wenn man das nicht braun verpacken und mit dem Hitler Gütesiegel quotenbringend vermarkten könnte. Ein ganzes Rudel politisch korrekter Heuchler verdient sich so eine goldene Nase.




Überhaupt nicht emotional, absolut nicht! Geradezu von eiskalter Nüchternheit. Touché!

Es ist nie zu spät für eine glückliche Kindheit... burnout
Hermann

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Hermann

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Beitrag 61836 [Alter Beitrag27. November 2004 um 00:22]

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Moin

ich will jetzt nicht falsches sagen, ich habe mal eine Reportage über WvB gesehen.
Da hat ein enger Mitarbeiter von Braun gesagt, das WvB geschockt war, als er die
ersten Leichen sah. Das habe ich irgendwie noch im Hinterkopf.

Gruß : Hermann

Risiko ist die Bugwelle des Erfolgs.

(Carl Amery)

Christian S.

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Christian S.

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Beitrag 61837 [Alter Beitrag27. November 2004 um 00:23]

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Zitat:
Original geschrieben von Peter Quartier
Ich zitiere Neufeld durchaus korrekt. Die 20 bzw. 8 Milliarden stehen auf Seite 326 der mir vorliegenden Übersetzung aus dem Amerikanischen.

Schaue ich eins weiter auf Seite 327, so finde ich den Satz: Nach einer Schätzung des United States Strategic Bombing Survey (USSBS) hätten mit dem 1944/45 für die V-Waffen betriebenen Aufwand 24.000 Jagdflugzeuge zusätzlich gebaut werden können




So, und jetzt zu den Fakten. Zum sorgfältigen Zitieren gehört es, das Zitat als solches und die eigenen Schlussfolgerungen für den Leser sichtbar zu trennen. Das hast Du nicht getan. Abgesehen von der Zahl, die ich doch gar nicht angezweifelt habe, stammt nichts von Neufeld.

Man kann die 20/8 Milliarden in jede beliebige Kriegswährung umrechnen, sogar in mehrere Millionen Tonnen Vierfruchtmarmelade. Hey, damit hätte man den Westwall in eine klebrige Berglandschaft verwandeln können und wir hätten den Krieg doch noch gewonnen!

Unter den Bedingungen der Kriegswirtschaft kann die Umrechnung der Ausgaben für eine Waffe in die Kosten einer anderen übrigens vimmer nur theoretisch sein.

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Eberhard

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Eberhard

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Beitrag 61839 [Alter Beitrag27. November 2004 um 01:56]

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Hallo Peter,

da es mir an der nötigen "Reichs-Literatur" mangelt, gehe ich davon aus, dass Deine Zitate der Seiten 326 und 327 korrekt sind.

Nur - wie mir schon Mkone in seiner bemerkenswerten Art nachwies - ist es nicht immer korrekt, sich einzelne Zitate herauszugreifen, diese weiterzuspinnen, um daraus eigene Schlussfolgerungen zu ziehen, die dann den Kontext haben:
was wäre gewesen, was hätte sein können, was wäre wenn....

Die fiktiven Schlussfolgerungen über den (was wäre wenn)-Kriegsverlaufs des WKII beruhen auf unsinnigen, von der Realität überholten Schlussfolgerungen, und haben die gleiche Grundlage wie folgendes Beispiel:

Fakt (belegbar ;-)):
In jungen Jahren wurde ich aus einem humanistischen Internat entfernt, weil ich zusammen mit einem Freund einen notorischen Petzer aus dem Fenster unseres Schlafraums im ersten Stock fallen liess. (Dass er sich dabei ein paar Gräten brach, ist eine andere Geschichte...)

Schlussfolgerung: Meine weitere Gymnasialzeit durfte ich in auf einer anderen Schule verbringen.

Spekulation:
Wenn der Aigner in Urspring geblieben wäre, und sich der dortigen anarchischen Szene zugezogen gefühlt hätte, wäre er vermutlich eines Tages Taxifahrer in Frankfurt geworden, hätte sich - liebevoll ausgedrückt - mit ein paar Polizeibeamten gekappelt, und wäre dann (nach einigen Umwegen) eines Tages Aussenminister unseres Vaterlandes geworden....

Wie Du unschwer erkennen kannst, sind solche Spekulationen - trotz eines belegbaren Fakts - gelinde gesagt etwas abstrus.

Ähnlich verhält es sich mit Deinen (oder den von Dir aus der Literatur übernommenen) Schlussfolgerungen: was wäre gewesen, wenn...

Was wäre eigentlich geworden, wenn WvB und das andere "unschätzbare Humankapital" (interessanter Ausdruck - siehe Achim und Andi) in der Raketenforschung (die ich als technische! Leistung mehr als beeindruckend finde) ihr Spitzenkönnen - natürlich rein hypothetisch - zur interstellaren Entfernung eines Herrn A. H. aus B. eingesetzt hätten? Dann könnte, hätte, wäre -
ja, dann hätte bestimmt ein Deutscher (Pordon – natürlich ein Österreicher) als erster seinen Fuss auf den Mond gesetzt. Aber dies ist nur eine Spekulation im Detail. Allerdings auch eine, die ich sehr reizvoll finde...

Momentan habe ich den Eindruck, dass herausgerissene Zitate einzelner Personen unserer Zeitgeschichte selektiv dazu verwendet werden, seine eigne Ansichtsweise unserer! Zeitgeschichte zu untermauern. Dafür drängen sich natürlich Argumentationsreihen geradezu an wie:
die Amerikaner, Russen, Chinesen usw. waren ja auch böse. Man muss und darf deren Greultaten nicht gutheissen, es verbietet sich aber, deren Verfehlungen als "Relativierungs-Rechtfertigung" für irgendetwas heranzuziehen.

Um zu den „fanatisch vorgetragenen Ansichten“ bzgl. Christians zu kommen:
die angesprochene gehörige Portion Emotionalität bringen wohl im Augenblick auch andere ein?
Und:
Unter Raketen?-Freunden darf man ruhig auch mal etwas rüder werden, wenn es der Klarstellung von Sachverhalten dient - sozusagen als ultima ratio bei beratungsresistenten ;-))
Wir sind doch nicht mit der Quaste gepudert...

Wie wäre es, wenn Du Dir Andi´s Aussage zueigen machen könntest?:

.......“ Mit dem Wissen, das wir heute haben, so zu tun, als wäre er nichts Anderes als ein grosser Wissenschaftler und Ingenieur gewesen, finde ich verantwortungslos. Das war er auch, er war es vielleicht sogar vor allem. Aber er war auch einer, der zumindest billigend in Kauf genommen hat, dass Menschen für seine Ziele sterben. Zwei Seiten eines Menschen in einer Extremsituation“.....

Um diese Aussage mit militärischer Terminologie zu kommentieren: Treffer, versenkt!

Viele Grüße

Eberhard
Achim

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Achim

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Beitrag 61850 [Alter Beitrag27. November 2004 um 12:18]

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Zitat:
Original geschrieben von Christian Schims





...hab mich erst später zugeschaltet . Vielleicht hab ich was überlesen? Aber es war in dieser Diskussion doch nie von der juristischen Bewertung die Rede, sondern von der moralischen.
Heisenberg konnte in keiner Weise voraussehen, ob seine Forschung noch zum Ziel führen würde. Ein wenig veränderte Umstände hätten genügen können. Was wirklich zählt ist doch die Tatsache, dass Heisenberg das Ziel, die Bombe zu fertigen und einzusetzen, als erstrebenswertes Ziel beurteilt hat. Ein Vorwurf, den man WvB nicht machen kann. Es war nie sein Ziel mit der A4 Menschen zu töten. Es war auch nicht WvB, der gegen Ende hin auf die Serienproduktion drängte - er wollte mit einer Reihe Kollegen zusammen Peenemünde sogar verlassen - sondern Dornberger.

Gruß,
Achim

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Eberhard

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Eberhard

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Beitrag 61851 [Alter Beitrag27. November 2004 um 12:45]

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Zitat:

.... Es war nie sein Ziel mit der A4 Menschen zu töten.....


Aber er hat es billigend in Kauf genommen. Ist ja ethisch betrachtet auch keine Glanzleistung.

Grüsse

Eberhard
Achim

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Achim

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Beitrag 61853 [Alter Beitrag27. November 2004 um 13:13]

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Zitat:
Original geschrieben von Eberhard
Zitat:

.... Es war nie sein Ziel mit der A4 Menschen zu töten.....


Aber er hat es billigend in Kauf genommen. Ist ja ethisch betrachtet auch keine Glanzleistung.

Grüsse

Eberhard




Ja, das hat er. Aber haben das nicht praktisch alle gemacht in dieser Zeit? mehr oder weniger direkt? Praktisch jeder Handwerker, sofern er nicht an der Front war? Wie sind die Lehrer zu beurteilen, die ja nach nationalsozialistischen Prinzipien unterrichten mussten ? Was wäre denn als Alternative geblieben? Man muss doch auch immer bedenken, dass alleine eine klitzekleine, unbedachte Aussage das eigene Leben auf grausame Weise beenden konnte.
Als WvB´s Mutter später an Krebs starb, hatte er sich lange mit der Frage beschäftigt, ob all die investierten Summen von der Raketenentwicklung nicht besser in medizinische Forschung gesteckt worden wären. Nach allem, was ich über ihn gelesen habe, glaube iich nicht, dass er ein skrupelloser Mensch war. Für uns alle, die wir diese Zeit nicht miterlebt haben, ist es wahrscheinlich unmöglich, die Lebensumstände damals nachzuvollziehen.

Gruß,
Achim

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Peter

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Peter

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Beitrag 61854 [Alter Beitrag27. November 2004 um 13:22]

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Zitat:
Original geschrieben von Eberhard
Fakt (belegbar ;-)):
In jungen Jahren wurde ich aus einem humanistischen Internat entfernt, weil ich zusammen mit einem Freund einen notorischen Petzer aus dem Fenster unseres Schlafraums im ersten Stock fallen liess. (Dass er sich dabei ein paar Gräten brach, ist eine andere Geschichte...)


Ich fühle mich geschmeichelt, daß Du mir diesen Schwank aus Deiner Jugend erzählst. Das Gefühl, jemanden aus dem Fenster im ersten Stock zu werfen, blieb mir allerdings versagt. Vermutlich weil ich altmodischer Romantiker bin, der die Leute eher mit Worten überzeugen möchte. Zugegeben: die Durchschlagskraft von Argumenten ist so gering, daß die "Gräten" dabei in aller Regel ganz bleiben.
Zitat:
ist es nicht immer korrekt, sich einzelne Zitate herauszugreifen,

Nicht immer, aber immer öfter, und von "einzelnen Zitaten" kann nicht die Rede sein. Sag mir doch einfach, wieviele Zitate Du brauchst! Als Vorschuß schon mal dieses hier von Seite 331:
Zitat:
Original geschrieben von Michael J. Neufeld
Die Ausbeutung von KZ-Häftlingen setzte sich nach 1942 in der gesamten Kriegswirtschaft des Dritten Reiches durch, und sie basierte auf einer nationalsozialistischen Rassenhierarchie, die viele Deutsche für selbstverständlich hielten. Im Gegensatz dazu ist nichts im ursprünglichen Konzept des Raketenprogramms oder seiner Technologie auf erkennbar nationalsozialistische ideologische Wurzeln zurückzuführen; Beckers und Dornbergers militärische Konzepte gründeten sich auf das ultrakonservative Denken im Weimarer Offizierskorps, und ihre Begeisterung für die Raketentechnik stand in engem Zusammenhang mit der Raumfahrtbewegung in dieser Zeit

Bleibt noch anzufügen, daß Wernher von Braun nur mühsam (nämlich garnicht) dem "Weimarer Offizierskops" zuzurechnen ist. Für ihn bleibt dann eigentlich nur noch die "Begeisterung für die Raketentechnik" im Kontext der "Raumfahrtbewegung in dieser Zeit" übrig.

Per se nichts ehrenrührigens, gilt es doch wortwörtlich für die meisten von uns hier..
Eberhard

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Eberhard

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Beitrag 61857 [Alter Beitrag27. November 2004 um 15:19]

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Hallo Achim,

Zitat:

........Ja, das hat er. Aber haben das nicht praktisch alle gemacht in dieser Zeit? mehr oder weniger direkt?......

Etwas differenzierter muss man dies schon betrachten, und kann nicht als Rechtfertigung WvB´s akzeptiert werden.


Zitat:

.......Für uns alle, die wir diese Zeit nicht miterlebt haben, ist es wahrscheinlich unmöglich, die Lebensumstände damals nachzuvollziehen....

Warum wird es dann mit aller Macht versucht?!


Lieber Peter,


Zitat:

.....Ich fühle mich geschmeichelt, daß Du mir diesen Schwank aus Deiner Jugend erzählst. Das Gefühl, jemanden aus dem Fenster im ersten Stock zu werfen, blieb mir allerdings versagt. Vermutlich weil ich altmodischer Romantiker bin, der die Leute eher mit Worten überzeugen möchte. Zugegeben: die Durchschlagskraft von Argumenten ist so gering, daß die "Gräten" dabei in aller Regel ganz bleiben....

Mit Verlaub und in aller Freundschaft: Psycho-Bubble


Dein neuerliches zitieren von Neufeld: Rückzugsgefechte
Nimm Dir Zeit und Muse, undl ese Dir mal die verschiedenen vorherigen Posts genauer durch, und überlegte, welche Deiner diversen Aussagen noch Bestand haben, bzw. nicht widerlegt wurden. Da bleibt leider nur noch ein dürres Gerüst über...


Zitat:

.....Bleibt noch anzufügen, daß Wernher von Braun nur mühsam (nämlich garnicht) dem "Weimarer Offizierskops" zuzurechnen ist. Für ihn bleibt dann eigentlich nur noch die "Begeisterung für die Raketentechnik" im Kontext der "Raumfahrtbewegung in dieser Zeit" übrig....

Peter, Peter, diese Schlussfolgerung wollen wir vielleicht nochmals überdenken. Wir wollen doch nicht die eine oder andere klitzekleine Kleinigkeit im Leben WvB´s übersehen...


Zitat:

....Per se nichts ehrenrührigens, gilt es doch wortwörtlich für die meisten von uns hier....

Bingo, aber die meisten von uns können damit auch objektiv damit umgehen!


Grüsse

Ebetrhard
Peter

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Beitrag 61870 [Alter Beitrag27. November 2004 um 23:23]

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Eberhard, ich sehe weit und breit nichts, was mich davon überzeugen könnte, daß dieser teilweise unfair geführte "Hakenkreuzzug" gegen Wernher von Braun berechtigt ist. Was ich von Dir gehört habe, sind nichts als kategorische Behauptungen ohne jeden Beleg. Betrachten wir uns doch den Stand der Dinge anhand einiger zentraler Fragen:

1) War WvB ein Nazi?
Nichts spricht dafür. Es gibt keine Anzeichen, daß er Hitler oder den Nationalsozialismus bewundert oder offensiv vertreten hätte. Wernher von Brau war selbst ein charismatischer Anführer im guten Sinne des Wortes, er hatte es nicht nötig, sich geliehenes Selbstbewußtsein durch die Unterwerfung unter einen anderen zu beschaffen. Seine Vision von Raumfahrt, Flug zum Mond und Mars waren so stark ausgeprägt, daß sie auf andere ausstrahlten und sie für dieselben Ziele begeisterten. Da war keine innere Leere oder Orientierungslosigkeit, die er mit braunen Gedanken hätte auffüllen müssen. Seine SS Uniform, ein gesellschaftliches Zugeständnis, hat er so oft wie nur möglich im Schrank gelassen, statt sich den billigen Schleimpunkt zu holen, den sie ihm damals verschafft hätte.

Gibt es auch nur ein einziges Filmdokument, das Wernher von Braun in Uniform zeigt, wie er mit glänzenden Augen dem Führer und seiner braunen Bewegung huldigt? Ich kenne nichts dergleichen. Und wenn seine eifernden Feinde Material gefunden hätten, wäre es schon längst bis zum Überdruß veröffentlich worden.

2) Kann man WvB vorwerfen, er habe eine Waffe entwickelt?
Man darf ganz sicher davon ausgehen, und es ist auch belegbar, daß seine ureigene Motivation die Raumfahrt war und nicht die Waffenentwicklung. Die reale Welt ließ ihm genau eine Wahl: Entweder seine Ziele über das Militär zu verwirklichen, oder garnicht. Als Wernher von Braun ca. 1932 mit der Reichswehr zusammenarbeitete, da war dies noch die Weimarer Republik. Die Reichwehr war gemäß Versailler Vertrag klein und absolut nicht kriegstauglich. Das Land war verarmt, teilweise besetzt und die Vorstellung, daß Deutschland einen verheerenden Weltkrieg beginnen könnte, war in dieser Krisenzeit völlig absurd. Es schien also ein geringes Risiko, sich mit der Reichswehr einzulassen. Man konnte durchaus davon träumen, unter dem Deckmantel der Waffenentwicklung die technische Voraussetzung für die Raumfahrt zu schaffen.

Wenn es ein berechtigter Vorwurf wäre, an Raketenwaffen mitzuarbeiten, dann würde dieser Vorwurf erst recht gelten für die Zeit nach 1945. Erst da mutierte die militärisch bedeutungslose V2 zu Interkontinentalraketen mit Nuklearsprengköpfen, kurzum: zu Massenvernichtungswaffen. Die Raumfahrt lieferte dafür nur den Zuckerguß.

3) Hat WvB Häftlinge schlecht behandelt?
Ich keine kein einziges Indiz dafür, daß Werher von Braun persönlich Häftlinge mißhandelt oder deren Mißhandlung angeordnet hätte. Nicht einmal dafür, daß er deren schlechte Behandlung gutgeheißen hätte, habe ich je einen Beleg gesehen.

4) Wieviel Verantwortung trägt WvB für die Ausbeutung von Häftlingen?
Lange Jahre spielten sie keine Rolle für WvB. Er tat in Peenemünde zunächst das, was jeder tun würde: Seine Forschungseinrichtung möglichst hochkarätig zu besetzen. Ohne den Krieg und den dadurch ausgelösten, extremen Arbeitskräftemangel wäre niemand auf die Idee verfallen, für ein solches Projekt Häftlinge einzusetzen. Diese Entscheidung fiel im April 1943, zwei Jahre vor Kriegsende. Getroffen wurde sie von ganz anderen Leuten als WvB, Namen wie Jaeger, Rudolph oder Degenkolb sind da zu nennen. Logisch, denn nun formierten sich Kräfte, die eine Serienproduktion im ganz großen Stil organisieren wollten. Das war nicht WvBs Priorität, der wegen vieler Kinderkrankheiten seiner Raketen mit deren Weiterentwicklung voll ausgelastet war.

Die wirklich schlimmern Zustände im Lager Dora lagen in der Verantwortung der SS. Sie war der "Dienstleister", der die benötigten Arbeiter lieferte. Es lag in der völligen Willkür der SS, mit diesen Häftlingen zu verfahren wie man wollte. Es ist einfach unrealistisch zu glauben, von Braun habe darauf irgendeinen Einfluß gehabt. Sicher konnte er Arbeitskräfte anfordern, über deren Unterbringung und Behandlung hatte er nicht mitzureden. Wir können uns die Greuel einer verrohten Zeit des bevorstehenden Untergangs nicht wirklich vorstellen. Zu fordern, daß jemand wie von Braun, der selbst nur "unter Auflagen" aus der Gestapohaft frei kam, sich der SS hätte widersetzen sollen, kann wirklich nur behüteten Wohlstandsbürgern, z.B. in der BRD einfallen.

5) Hat WvB Straftaten begangen?
Ja, eine: Er redete im falschen Moment davon, daß er lieber zum Mond als nach London wollte. Die Vernehmungsoffiziere der Gestapo warfen ihm vor, das A4 Projekt sabotiert zu haben, indem er sich mehr dem Raumflug als seinen Pflichten gewidmet habe.
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