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Moritz

Anzündhilfe

Moritz

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Beitrag 11190 , Neutralpunkt [Alter Beitrag13. März 2002 um 20:23]

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Hallo!

Zur Zeit versuche ich gerade, die Aerodynamik von unterschallschnellen Raketen zu verstehen. Dabei ist mir etwas aufgefallen: Wie allgemein bekannt ist, liegt der Druckpunkt (Neutralpunkt) einer Rakete im Flächenschwerpunkt ihrer Projektion, also etwa in 50% der Gesamtlänge hinter der Spitze. Allerdings kann man eine Rakete (oder zumindest ihr Körperrohr) auch als endliche Tragfläche mit extrem kleiner Streckung betrachten. Und für eine Tragfläche gilt, daß alle Kräfte und Momente (in der Theorie und in einer Unterschallströmung) auf einen Punkt in 25% der Gesamtlänge hinter der Vorderkante (Spitze) wirken. Demzufolge müßte dies doch für Raketen auch wirken. Warum aber stimmt das nicht?

Schöne Grüße
Moritz
Hendrik

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Hendrik

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Beitrag 11210 [Alter Beitrag14. März 2002 um 11:42]

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Den Druckpunkt als Flächenschwerpunkt der 2D-Projektion aufzufassen ist ziemlich ungenau, erbringt aber Ergebnisse die man benutzen kann.

Ich würde immer Barrowman vorziehen, damit erschlägst Du auch den Rumpf.

Viele Grüße,

Hendrik

SOL-2

Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension. Sie ist wie ein Messer.
Wenn man es einem Chirurgen und einem Mörder gibt, gebraucht es jeder auf seine Weise.

Wernher von Braun (1912 - 1977), deutsch-US-amerikanischer Raketenforscher

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Moritz

Anzündhilfe

Moritz

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Beitrag 11237 [Alter Beitrag14. März 2002 um 18:55]

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Danke für den Hinweis auf Barrowman! Kann es sein, daß dessen Approximations-Formeln in der seriösen Literatur als "pfui" gelten? Dort steht er nämlich nirgendwo drin, aber zum Glück gibt es ja das Internet:
http://www.execpc.com/~culp/rockets/Barrowman.html

Schönen Gruß
Moritz
Erwin Behner

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Beitrag 11241 [Alter Beitrag14. März 2002 um 20:13]

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Hallo Moritz,

lang nicht's mehr von dir gehört (oder täusch ich mich jetzt und wir kennen uns gar nicht?).

Wieso meinst du das die Barrowman-Formeln als "pfui" gelten? Solange man nur "Standard"-Formen nimmt ist Barrowman eigentlich nicht viel schwieriger zu berechnen als die "Schattenmethode". Letztere ist, wie Hendrik schon sagte (etwas!) ungenauer, liefert aber immer noch brauchbare Ergebnisse.

Viele Grüße
Erwin


P.S. Die Bezeichnung Neutralpunkt für den Druckmittelpunkt (DMP) ist mir etwas neu.
Moritz

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Moritz

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Beitrag 11249 [Alter Beitrag14. März 2002 um 21:20]

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Hallo Erwin!

Ich bin in der Thematik "Raketenbau" noch recht neu und habe bisher nur im stillen Kämmerlein an Rechnungen und Theorie (sowie ein paar A...D-Raketen) gewerkelt, ohne daß davon viel an die Außenwelt gedrungen wäre. Dementsprechend täuschst Du Dich nicht, wenn Du zu der Erkenntnis kommst, daß wir uns bisher nicht kennen. Und "Neutralpunkt" für den DP/DMP kommt dadurch zustande, daß ich mich vor allem auf die gewöhnliche Luftfahrtliteratur stütze (Flugzeugaerodynamik; und da kommt Barrowman offenbar nicht vor, deswegen kannte ich bisher nur die Schattenrißmethode), und da heißt der Punkt, an dem die aerodynamischen Kräfte momentenfrei angreifen, eben Neutralpunkt. Nebenbei: Kennt jemand von Euch ein gutes und theoretisch tiefergehendes Buch zum speziellen Thema Raketenaerodynamik? Gerne auch in Englisch, natürlich stark mathematiklastig und ruhig käuflich nicht mehr erwerbbar (über Fernleihe kriegt man alles)! Sowas ähnliches wie "Aerodynamik des Flugzeuges" von Schlichting/Truckenbrodt, falls das jemand kennt. Über Tips würde ich mich freuen! (Eine eigene Literaturabteilung gibt es hier im Forum ja nicht, oder?)

Schöne Grüße
Moritz
Bertram Radelow

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Bertram Radelow

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Beitrag 11252 [Alter Beitrag14. März 2002 um 21:30]

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hi Moritz,

wenn Du Barrowman doch etwas näher anschauen willst, findest Du unter http://www.radelow.de/modellraketen/5/index.htm die Originalformeln - von ihm selbst gesendet (er lebt noch wink ). Dort und im TIR-Report 33 ist genügend Mathematik drin...

An der gleichen Adresse ist auch ein Programm (CPR), mit dem Du siehst, dass Schattenmethode und Barrowman ziemlich unterschiedliche Ergebnisse liefern können.

Bertram
Moritz

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Moritz

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Beitrag 11254 [Alter Beitrag14. März 2002 um 22:07]

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Hallo Bertram,

Danke für den Hinweis auf Deine Internetseite! Diese Literatur ist der Stoff, der mich glücklich macht... smile
Dein Programm habe ich schon ausprobiert. Eine sehr gute Idee, die beiden Methoden einander direkt gegenüberzustellen! Bei teilweise um die 10% Abweichung sehe ich mich vollkommen darin bestätigt, der Schattenrißmethode zu recht von vornherein nicht so ganz vertraut zu haben. Ansonsten hast Du eine wirklich ansprechende Seite, sowohl inhaltlich als auch optisch!
Erwin Behner

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Beitrag 11258 [Alter Beitrag14. März 2002 um 22:54]

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Zitat:
Original geschrieben von Moritz
Hallo Erwin!

Ich bin in der Thematik "Raketenbau" noch recht neu...



Ja dann kennen wir uns wohl nicht. Ich hatte mal, schon länger her, mit jemand telefoniert den ich über Ernst Maurer kennenlernte...

Viele Grüße

Erwin
Oliver Arend

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Oliver Arend

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Beitrag 11309 [Alter Beitrag15. März 2002 um 21:20]

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Ich muss hier wohl mal aufräumen - hab mich ja in letzter Zeit viel mit Barrowman beschäftigt.

Fangen wir von vorne an:

Der Neutralpunkt ist nicht der Druckpunkt (lt. Aerodynamiker des DLR). Ich sehe auch nicht wo das Körperrohr eine Tragfläche ist. Die Flossen sind vielleicht welche (nicht-auftriebserzeugend), deshalb funktioniert das mit der Stabilität ja auch. Raketenaerodynamik bezieht sich auf Stabilität, Flugzeugaerodynamik auf Auftrieb und Widerstand, das mit der Stabilität kriegen die nebenbei in den Griff.

Die Schattenrissmethode ist eine sehr gute Methode, um den Druckpunkt bei 90° Anstellwinkel zu bestimmen (sagen wir mal so, es ist _die_ Methode). Da der Anstellwinkel nicht größer wird (es sei denn der Wind weht von unten oder Du lässt Deine Rakete schräg nach unten oder oben mit dem Wind starten), ist diese Methode sicher. Meist resultieren jedoch extrem überstabile Raketen, da der Druckpunkt mit dem Anstellwinkel nach vorne verlagert (warum das so ist - kommt nach Köln ;-).

Ich halte Barrowman auch nicht für das Nonplusultra, und dass man den Rumpf erschlägt ist auch keine gute Idee. Barrowman funktioniert, weil er von 0 Grad Anstellwinkel ausgeht und einen Kaliber Stabilitätsmaß vorschreibt, um Verschiebungen mit dem Anstellwinkel zu kompensieren. Für Otto Normalraketenflieger klappt das aber auch, nur kann man, z.B. im Wettbewerbsbereich, nicht genau arbeiten.

Mich würde ein Buch über Raketenaerodynamik auch interessieren (vielleicht schreibe ich ja mal eins), aber im Moment will ich durch Barrowmans Original-Arbeit durchsteigen (hat Bertram auf seiner HP - der TIR-33 ist _gar nix_ dagegen, das sind ja nur die resultierenden Formeln, die man in den Taschenrechner hacken muss - tut mir Leid, wenn das vielleicht arrogant klingt). Es gibt noch zwei Arbeiten, die sich mit höheren Anstellwinkeln beschäftigen, aber da bin ich noch nicht drangegangen, da ich mit Barrowman selbst noch nicht durch bin.

Außerdem ein NACA-Report 1307 über "Lift and Center of Pressure of Wing-Body-Tail Combinations at Subsonic, Transonic, and Supersonic Speeds". Ich hab mich noch nicht eingearbeitet (kommt als Letztes), aber es sieht sehr gut aus und dürfte sowas wie Schlichting/Truckenbrodt (habe eine Kopie neben mir im Regal) für Raketen sein. Ich habs halt als PDF und nicht als Buch, dürfte auch aus den späten 50ern oder 60ern datieren. Habs mal hochgeladen unter http://felix.fkg.goe.ni.schule.de/~oarend/naca-report-1307.pdf (70? Seiten)

Wenn mir noch was einfällt, ich halte Euch auf dem Laufenden. In fünf Jahren kann ich Euch vielleicht auch noch mehr sagen (dann müsste ich langsam Dipl.-Ing. sein).

Oliver
Moritz

Anzündhilfe

Moritz

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Beitrag 11328 [Alter Beitrag16. März 2002 um 00:05]

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Hallo Oliver!

Meine Idee, das Körperrohr als Tragfläche zu betrachten, war, daß die Rakete von der Seite betrachtet auch wie ein Tragflügelprofil aussieht, von dem man erst beim Blick aus einer anderen Richtung erkennt, daß die Spannweite nur genau so groß ist wie die Profildicke. Also ist dieses Gebilde zumindest theoretisch erstmal auch eine Tragfläche...

Ob ich mich gleich auf die Stabilität stürze oder vorher noch Auftrieb und Widerstand abgrase, ist doch eigentlich kein großer Unterschied. Es geht ja immer darum, den Betrag und den Angriffspunkt von Kräften zu bestimmen, so daß man zwangsläufig nicht das eine Thema umgehen kann, wenn einen das andere interessiert, denke ich mal.

Den 90°-Druckpunkt bestimme ich übrigens anders: ich gewichte jeweils Teilbereiche des Schattenrißes entsprechend ihres Widerstandsbeiwertes. Das Körperrohr samt Spitze wird mit dem Cw eines Zylinders (0.35), das Leitwerk samt dortigem Körperrohr mit dem Cw einer senkrecht angeströmten Platte (1.15) multipliziert. Ich glaube, daß dies genauere Resultate auch bei kleinen Anstellwinkeln ergibt.

Die Datei von Bertrams Seite habe ich auch schon, es ist nur die Frage, wann ich mal wieder Zeit habe, mich im angemessenen Zeitrahmen da hineindenken zu können, ab nächster Woche ist nämlich Praxissemester. NACA-Reports kenne ich, die sind eigentlich fast immer Gold wert! Aber anschauen werde ich mir auch mal erst Barrowman.

Dipl.-Ing. in was, wenn man fragen darf? (Ich vermute mal Luft- und Raumfahrttechnik; ich selbst bin (allgemeiner) Maschinenbauer)

Schöne Grüße
Moritz
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